Heilpraktikerin Psychotherapie

Warum gerate ich immer an den falschen Partner?

Erkennen Sie Ihren Bindungsstil und verändern Sie Ihre Partnerwahl

Diese Frage höre ich in meiner Arbeit als Paartherapeutin sehr häufig. Viele Single-Frauen und -Männer fragen sich, warum sie immer wieder Partner wählen, mit denen sie letztlich unzufrieden sind oder in Konflikte geraten. Doch ist die Partnerwahl tatsächlich „falsch“, oder gibt es tieferliegende Gründe, die uns auf bestimmte Beziehungsmuster festlegen?

 

Um diese Frage zu beantworten, ist es wichtig, einen Blick auf unsere Bindungstypen und Beziehungserfahrungen zu werfen. Diese beeinflussen maßgeblich, wen wir anziehend finden und wie wir in Beziehungen agieren.

Bindung als Fundament unserer Beziehungen

Der britische Psychologe John Bowlby, der Begründer der Bindungstheorie, definierte Bindung als das „gefühlsgetragene Band, das eine Person zu einer anderen spezifischen Person anknüpft und das sie über Raum und Zeit miteinander verbindet.“ Wir Menschen sind von Natur aus Bindungswesen. Bindung ist nicht nur essenziell für unser Überleben, sondern auch für unser emotionales Wohlbefinden.

 

Unsere ersten Bindungserfahrungen entstehen in der Kindheit, meist mit den primären Bezugspersonen. Diese frühen Erlebnisse prägen unser Bindungssystem, das wiederum unser Verhalten in späteren Beziehungen beeinflusst. Dabei unterscheidet die Bindungstheorie vier grundlegende Bindungsstile:

 

1. Sicher gebunden: Menschen mit diesem Bindungsstil fühlen sich in Beziehungen sicher, vertrauensvoll und verbunden. Ihre Bindungen sind stabil, und sie können Nähe und Autonomie gut ausbalancieren.

 

2. Unsicher vermeidend gebunden: Hier neigen Menschen dazu, Nähe zu meiden und sich stark auf ihre Unabhängigkeit zu fokussieren. Emotionale Intimität kann ihnen unangenehm sein.

 

3. Unsicher ängstlich / ambivalent gebunden: Menschen mit diesem Stil haben oft Angst vor Verlust oder Zurückweisung und sind übermäßig auf Bestätigung und Nähe bedacht.

 

4. Desorganisiert gebunden: Dieser Stil entsteht häufig aus traumatischen Erfahrungen in der Kindheit. Er ist geprägt von widersprüchlichen Impulsen – dem Bedürfnis nach Nähe und gleichzeitig der Angst davor.

Wie prägt die Kindheit unsere Bindungstypen?

Unsere Beziehung zu unseren ersten Bezugspersonen bildet die Grundlage für unser Bindungsverhalten. Waren diese Beziehungen geprägt von Sicherheit, Verlässlichkeit und Liebe, entwickeln wir meist einen sicheren Bindungsstil. Doch wenn die Beziehung inkonsistent, ablehnend oder traumatisch war, können unsichere oder desorganisierte Bindungsstile entstehen.

 

Frühere Bindungserfahrungen sind jedoch nicht allein ausschlaggebend. Auch spätere Beziehungserfahrungen prägen unser Bindungssystem. Jede Verletzung, jeder Verlust oder jede enttäuschte Erwartung hinterlässt Spuren. Häufig wechselnde oder scheiternde Beziehungen können dazu führen, dass selbst sicher gebundene Menschen Schutzstrategien entwickeln, um sich vor erneutem Schmerz zu schützen. Ein ehemals sicher gebundener Mensch kann dadurch einen vermeidenden oder ängstlichen Stil entwickeln.

Schutzstrategien: Wie wir uns vor Schmerz schützen

Unsere Bindungserfahrungen beeinflussen, wie wir uns in Beziehungen verhalten. Um uns vor erneuten Verletzungen zu schützen, entwickeln wir unbewusst Strategien, die jedoch oft verhindern, dass wir echte Nähe zulassen können.

 

– Ängstlich / ambivalenter Bindungsstil/Schutzstrategie: Menschen mit Verlustängsten versuchen, ihre Liebenswürdigkeit zu beweisen, um die Bindung zu sichern. Sie neigen dazu, sich übermäßig zu bemühen, was jedoch oft das Gegenteil bewirkt.

 

– Vermeidender Bindungsstil/Schutzstrategien: Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil ziehen sich zurück, um ihre Autonomie zu bewahren. Nähe wird als bedrohlich empfunden, und Distanz erscheint sicherer.

 

– Desorganisierter Bindungsstil/Schutzstrategien: Bei desorganisierten Bindungstypen wechseln Nähe- und Distanzverhalten unvorhersehbar. Sie sehnen sich nach Verbindung, haben jedoch Angst vor den Schmerzen, die Nähe mit sich bringen könnte.

 

Extremformen dieser Schutzstrategien können sich in Persönlichkeitsmerkmalen wie Narzissmus oder Borderline-Verhalten  äußern.

Diese Dynamiken sind keine „Endstation“, sondern Ausdruck tieferliegender Verletzungen, die geheilt werden können.

 

Warum fühlen wir uns immer von dem selben Partner angezogen?

Unsere Bindungsmuster beeinflussen nicht nur unser Verhalten, sondern auch unsere Partnerwahl. Menschen mit einem sicheren Bindungsstil wirken oft wenig attraktiv auf unsicher Gebundene, da hier kein „Kampf“ um Nähe oder Anerkennung notwendig ist. Stattdessen ziehen sich oft unsicher-vermeidende und unsicher-ängstliche Typen gegenseitig an. Dieser Kreislauf verstärkt bestehende Muster:

 

– Der ängstliche Bindungstyp: Er ist bemüht, sich Liebe und Aufmerksamkeit zu verdienen, und fühlt sich von vermeidenden Partnern angezogen, da diese ihm die Möglichkeit geben, sich zu beweisen. Das Bindungssystem ist  hyperaktiv. Es herrscht ein starkes Bedürfnis nach Nähe, Angst vor Ablehnung, Idealisierung der Bindungsperson, Eifersucht, klammern und zwanghaftes Sorgen, können vorkommen.

 

– Der vermeidende Bindungstyp: Er fühlt sich zu ängstlichen Partnern hingezogen, da diese sehr bemüht sich nahezu fast selbstlos agieren, um Nähe zu erzwingen. Gleichzeitig sorgt die Distanz des Vermeidenden dafür, dass die Beziehung nie zu eng wird. Das Bindungssystem ist deaktiviert. Es bestehen Schwierigkeiten sich zu öffnen, das Verhalten ist distanziert und verachtend, Abwertung der Bindungsperson und Emotionslosigkeit, können vorkommen.

 

Beide Typen aktivieren unbewusst die Bindungswunden des anderen. Diese Dynamik führt zu Konflikten und lässt die Beteiligten oft verzweifelt an sich selbst und ihrem Partner zweifeln.

Wege aus dem Kreislauf

Es ist wichtig zu verstehen, dass Bindungsstile keine festgelegten Diagnosen sind. Sie können sich im Laufe des Lebens verändern, besonders durch reflektierte Arbeit an sich selbst und durch heilsame Beziehungen. Die folgenden Schritte können helfen, aus alten Mustern auszubrechen:

 

1. Selbstreflexion: Reflektieren und verstehen Sie Ihren eigenen Bindungsstil und erkennen Sie Ihre Schutzstrategien. 

2. Vergangene Verletzungen heilen: Arbeiten Sie an den Wunden, die Ihre Bindungserfahrungen geprägt haben.

3. Selbstwert stärken: Ein gesunder Selbstwert ist der Schlüssel, um aus dem Kreislauf von Verlustangst und Vermeidungsverhalten auszusteigen.

4. Neue Erfahrungen machen: Suchen Sie nach Partnern, Personen, Umfeld, die Sie unterstützen, anstatt alte Muster zu reproduzieren.

Unsere Partnerwahl ist selten zufällig. Sie spiegelt unsere Bindungsmuster und die Schutzstrategien wieder, die wir im Laufe unseres Lebens entwickelt haben. Doch das bedeutet nicht, dass wir in ungesunden Mustern gefangen bleiben müssen. Mit Selbstreflexion, Heilung und neuen Erfahrungen können wir lernen, uns selbst und andere auf neue, gesündere Weise zu lieben und Beziehungen zu führen, die uns wirklich guttun. Machen Sie so viele wie mögliche korrigierende Erfahrungen.